Prototyping für in der Softwareentwicklung: Digitale Prototypen

Prototyping in der Softwareentwicklung

Wie Prototypen helfen, digitale Ideen umzusetzen

Inhalt

Oft führt Prototyping in Softwareprojekten nicht zum gewünschten Ergebnis. Wir zeigen in diesem Blog-Beitrag, woran das liegt und wie man Prototyping erfolgreich nutzt.

Welche Bedeutung hat Prototyping in der Softwareentwicklung?

Prototyping nimmt in der Softwareentwicklung eine zentrale Rolle ein, denn professionelle Softwareentwicklung ist oft mit erheblichen Kosten verbunden. Wesentlicher Kostentreiber sind dabei die Entwicklungszeiten, die sich durch Prototyping erheblich reduzieren lassen, denn je später Erkenntnisse für das Entwicklerteam vorliegen, desto aufwendiger und damit teurer wird die Umsetzung. Häufig spricht man im Projektmanagement hierbei von der Zehnerregel der Fehlerkosten: Je Projektphase steigt der Aufwand um den Faktor 10, je später ein Fehler oder eine fehlende Anforderung erkannt wird!

Die Vorteile von Prototyping in der Softwareentwicklung lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

  • Es werden Fehlentwicklungen vermieden
  • Es lassen sich weniger wichtige Funktionen identifizieren
  • Versteckte Anforderungen werden identifiziert und frühzeitig in der Entwicklung berücksichtigt
  • Das Potenzial des Produktes kann noch vor der Produktentwicklung getestet werden
  • Durch die Tests und das Feedback lernt ihr die Nutzergruppe besser kennen

Welche Arten von Software-Prototypen gibt es?

Es gibt eine Vielzahl von Prototyping-Techniken in der Softwareentwicklung. Im Folgenden stellen wir die Wesentlichen Techniken kurz vor.

Beispiel für Prototyping in der Softwareentwicklung: Wireframes

Wireframes sind abstrakte Skizzen des User Interfaces einer geplanten Lösung. Sie zeigen nur das „Gerüst“ eurer Lösungsidee. Das heißt, dass auf Farben und Ausgestaltungen bewusst verzichtet wird. Es geht dabei darum die prinzipielle Navigation und Größenverhältnisse von Elementen zu klären. Wireframes lassen sich heutzutage mit digitalen Tools und Vorlagen erstellen. Wir raten aber dennoch zu Papier-Wireframes. Der Vorteil dabei ist, dass sie noch schneller erstellt werden können und das Zeichnen die Kreativität anregt. Es gibt dabei keine klaren Regeln und ihr müsst auch nicht gut zeichnen können. Schnappt euch einfach einen Kugelschreiber, ein Blatt Papier oder Wireframe-Vorlagen und zeichnet drauf los.

Prototyping für in der Softwareentwicklung: Digitale Prototypen

Digitale oder Interaktive Prototypen lassen sich ganz ohne Programmierkenntnisse erstellen. Wer mit den klassischen Präsentationsprogrammen wie PowerPoint oder Canva zurechtkommt, der arbeitet sich auch schnell in Programme wie Figma oder Sketch ein. Vorteil dieser Programme ist, dass sich die Prototypen einfach mit anderen teilen lassen. So könnt ihr mit etwas Einarbeitung eine komplette App oder Webanwendung simulieren, ohne auch nur eine Zeile Code zu schreiben. So bekommt ihr wertvolles Feedback für vergleichbar wenig Aufwand. Ein weiterer Vorteil von solchen Prototypen ist, dass sich der Entwicklungsaufwand hinterher deutlich präziser einschätzen lässt.

Programmierte Prototypen sind wohl das Erste, woran man denkt, wenn man an Prototyping in der Softwareentwicklung denkt. Es gibt dabei zwei Unterschiedliche Varianten, über die man sich im Vorfeld Gedanken machen sollte:

  1. Wegwerf-Prototypen: Sie werden nur zum Zweck des Testens entwickelt. Dadurch kann in der Entwicklung viel Zeit gespart werden, jedoch lassen sie sich hinterher nicht zu skalierbaren Produkten weiterentwickeln und es muss von Neuem begonnen werden.
  2. Evolutionäre Prototypen: Der bekannteste Vertreter ist das MVP (Minimum Viable Product) aus der Lean-Startup Methodik. Evolutionäre Prototypen können zum fertigen Produkt weiterentwickelt werden.

Die Bedeutung von programmierten Prototypen nimmt mit den neuen Möglichkeiten durch KI-Tools oder Low-Code Plattformen weiter zu, da sie den Nachteil, dass sie generell aufwendiger als die anderen Prototyping-Varianten sind zum Teil ausgleichen.

Häufige Fehler beim Prototyping in der Softwareentwicklung

Oft entwickeln Teams Prototypen und sind am Ende enttäuscht vom Ergebnis. Das hat vielfältige Gründe. Aus unserer Sicht am häufigsten vorkommende Gründe sind:

  • Perfektionismus: Ja, Prototypen sollten schön aussehen. Das bedeutet aber nicht, dass man Wochen dafür brauchen sollte, um sie zu entwickeln. Insbesondere bei Programmierten Prototypen passiert es schnell, dass aus einem Anfänglichen „Das machen wir mal schnell“ ein ewiger Prozess wird. Je mehr Aufwand ihr für das Prototyping betreibt, desto weniger werdet ihr Feedback eurer Nutzer akzeptieren und in eure Idee einarbeiten können. Wer seine Energie schon in Runde 1 verbraucht, wird das Rennen nicht bis zum Schluss durchhalten
  • Keine Deadline: Sie ist kein Muss, aber sie verhindert, dass ihr den Moment verpasst, an dem es Zeit ist die Entwicklung des Prototypen abzuschließen und sich den Nutzern zuzuwenden und Feedback einzusammeln
  • Iterieren mit zu wenig Feedback: Es ist verlockend, nach den ersten zwei Gesprächen das gesammelte Feedback direkt umzusetzen. Oft wird dabei aber auch Feedback umgesetzt, das 80% der anderen potenziellen Nutzer anders sehen oder unnützlich finden. Sprecht lieber mit mehr Menschen und fokussiert euch auf das wesentliche Feedback. Wenn ihr jede gewünschte Funktion umsetzt, wird euer Produkt am Ende so kompliziert, dass es niemand mehr haben möchte.
  • Unklare Zielstellung: Wer sich vorher keine Gedanken macht, wozu der Prototyp gut sein soll, braucht sich hinterher nicht zu wundern, wenn er wenig Mehrwert bringt. Deshalb beschäftigt sich das nächste Kapitel genau damit.

Welche Vorgedanken sollte man sich machen?

Was wollt ihr mit eurem Prototypen erreichen? Wer auf diese Frage nur mit „Feedback sammeln“ antwortet, verschenkt Potenzial. Wozu braucht ihr das Feedback? Welche Art von Feedback braucht ihr? Geht es um einzelne Funktionen, oder ob und zu welchem Preis der Nutzer das Produkt kaufen würde? Aus unserer Sicht gehören folgende Bestandteile zu den wichtigesten Vorgedanken, die man sich machen sollte:

  • Zielformulierung: Setzt ein klares Ziel, das mit dem Prototyp erreicht werden soll. Je konkreter, desto besser.
  • Relevanz: Schreibt auf warum euch dieses Ziel wichtig ist. Das hilft zu hinterfragen, ob eure Zielformulierung gelungen ist und vor allem in Teams erhöht es die Motivation aller an der Erreichung zu Arbeiten.
  • Prototyp-Technik: Welche Prototyping-Technik eignet sich am besten, um das Ziel zu erreichen. Nicht immer muss es dabei übrigens eine der oben genannten Prototyping-Techniken die richtige sein. Manchmal reicht es auch z.B. ein Produktvideo oder einen Flyer zur Lösungsidee zu erstellen. Diese sind streng genommen keine Prototypen. Man redet hier vom so genannten Pretotyping. Sie visualisieren eine Idee oft genauso gut oder besser, wie ein klassischer Prototyp.
  • Messung: Wie lässt sich euer Ziel messen? Wie viele Personen wollt ihr befragen und wie können euch die Daten helfen Rückschlüsse zu ziehen?
  • Deadline: Bis wann erreicht ihr euer Ziel?
  • Aufgaben: Welche Schritte sind notwendig, um das Ziel zu erreichen? Durch diese Liste stellt ihr sicher, dass ihr nichts vergesst und ihr nach der Prototypen-Entwicklung nicht aufhört. Denn die Vorgedanken und die Entwicklung sind nur der Anfang. Wichtig ist was ihr danach daraus macht.

Folgende Tipps können wir aus unseren Erfahrungen mitgeben:

  • Umfangreiche MVPs haben den Nachteil, dass es schwieriger ist gezielt Feedback zu sammeln und das Gelernte in der nächsten Weiterentwicklung umzusetzen. ( -> Keep it simple)
  • Die Phasen Messen und Lernen sollten genug Zeit und Aufmerksamkeit bekommen und während dieser Zeit sollte keine weitere Entwicklung erfolgen.
  • Manchmal stellt man fest, dass eine einfachere Lösung als die ursprüngliche Lösungsidee auch reicht, um den Mehrwert zu erreichen.

Testen von Software-Prototypen

Die Tests von Prototypen finden in der Softwareentwicklung häufig direkt mit den später potenziellen Kunden bzw. Nutzern statt. Je nach Zielstellung und Prototyp kommen dabei unterschiedliche Testszenarien in Frage. Beispiele sind:

  • UX-Tests: Bei UX-Tests bekommen die Testpersonen den Prototypen vorgelegt und sollen entweder anhand von Aufgaben verschiedene Bereiche Testen, oder sie Testen den Prototypen ohne spezielle Anweisung und Hilfestellung. Das hilft zu beobachten, ob sie die Lösung intuitiv bedienen können und wo noch Probleme oder unerwartete Verhalten auftreten. UX-Tests können prinzipiell in jeder Phase eines Produktenwicklungsprozesses zum Einsatz kommen.
  • Käufer-Tests: Ein weit verbreitetes Motto unter Startups lautet: „Fake it till you make it.“ Prototypen eignen sich unter diesem Aspekt perfekt für Käufer-Tests. Den Testpersonen wird simuliert, dass diese bereits das Produkt kaufen könnten, wenn sie möchten. So kann herausgefunden werden, ob die Zielgruppe die erwartete Zahlungsbereitschaft aufzeigt und welche Argumente für den Kauf essentiell sind. Es geht dabei nicht darum die Testpersonen hinters Licht zu führen, sondern herauszufinden, ob sich der Aufwand lohnt das Produkt zu entwickeln und welche Aspekte hierfür besonders wichtig sind.
  • Qualitative Tests: Bei diesen Tests gibt es ein grobes Konzept für den Test und die Fragen an die Testpersonen. Allerdings wird offengehalten das Gespräch an einzelnen Punkten zu vertiefen oder spontan Fragen zu ergänzen. Der größte Vorteil von qualitativen Tests ist, dass Erkenntnisse „zufällig“ gesammelt werden. Es werden also auch Punkte identifiziert, nach denen nicht explizit gesucht wird.
  • Quantitative Tests: Zahlen, Daten, Fakten. Bei Quantitativen Tests steht die Menge an Testpersonen in Fokus. Allen werden gleiche Fragen gestellt, damit die Ergebnisse hinterher verglichen und ausgewertet werden können. Problematisch hierbei kann sein, dass manche Ergebnisse im Nachhinein schwer zu interpretieren sind. Kreuzt die Testgruppe z.B. an das Produkt eher nicht kaufen zu wollen, bleibt unklar weshalb. In solchen Fällen kann eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Verfahren helfen.

Auswertung von Prototypen

Bereits bei den Tests sollte an die anschließende Auswertung gedacht werden. In den Tests werden häufig unzählige Daten erhoben, die nun ausgewertet werden müssen. Hierbei kann es helfen mit einem digitalen Whiteboard zu arbeiten. Diese bieten den Vorteil, dass Daten zunächst relativ unstrukturiert gesammelt und anschließend geclustert und in Zusammenhang gebracht werden können.

Die Auswertung kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Oft widersprechen sich Erkenntnisse, sodass es gilt die wesentlichen Aspekte herauszuarbeiten. Wichtig hierbei ist auch, nicht jedes Feedback verarbeiten zu wollen. Einfachheit ist eines der wichtigsten Kriterien für Produkte. Sie geht jedoch schnell verloren, wenn jede gewünschte Funktion realisiert wird.

Tipps für die Erstellung von Software-Prototypen

Hinter jedem der folgenden Tipps stecken Erfahrungen und zum Teil auch Fails, die uns beim Thema Prototyping in der Softwareentwicklung passiert oder über den Weg gelaufen sind:

  1. Verschwendet nicht zu viel Zeit mit der Prototypen-Entwicklung. Setzt euch dazu eine sportliche Deadline. Als Erfahrungswert gilt, dass es für einen guten Prototypen oft nicht mehr als 2 Tage und allerhöchstens eine Woche braucht, um ihn zu entwickeln
  2. Habt den Fokus auf die Phasen nach der Entwicklung. Wenn ihr den Prototypen z.B. in 2 Tagen entwickelt habt, solltet ihr ihn mindestens 2 Wochen intensiv testen und dann nochmal eine Woche die Ergebnisse auswerten, bevor ihr in eine neue Iteration geht
  3. Testet euren Prototypen mit mindestens sechs Personen pro Zielgruppe. Das Hilft die Kernpunkte des Feedbacks zu identifizieren, ohne mit unzähligen Leuten zu sprechen. Nehmt euch lieber für 6 Personen viel Zeit, als für 50 Personen wenig Zeit
  4. Validiert zuerst, ob eine Zahlungsbereitschaft besteht, bevor ihr euch in Funktionen verliert. Die Funktionen können warten, solange ihr noch keine Personen gefunden habt, die für euer Produkt Geld ausgeben wird. Nutzt Prototyping am Anfang also vor allem als Türöffner, um mit potenziellen Kunden in Kontakt zu kommen und findet heraus welche Punkte eure Produktpräsentation erfüllen muss, um gekauft zu werden
  5. Einfach machen. Verliert euch nicht in endlos langen Diskussionen. Sobald das Ziel klar ist, solltet ihr zügig in die Umsetzung gehen. Der Wert von Prototyping liegt nicht darin ein perfektes Produkt zu konzipieren, sondern mit Kunden, Stakeholdern und anderen in den Austausch zu kommen.
Mehr dazu könnt ihr auch in unserem Blog-Beitrag lesen, in dem wir ein eigenes Protoyping-Projekt vorstellen
zum Beitrag

Zukunft von Prototyping in der Softwareentwicklung

Künstliche Intelligenz (KI) wird in den nächsten Jahren vor allem die Erstellung von Prototypen revolutionieren. Aktuell sollte man die Tools noch mit Bedacht einsetzen. Prototypen mit Hilfe von KI zu entwickeln, funktioniert an einigen Stellen zwar schon erstaunlich gut, jedoch eignen sich die Ergebnisse häufig noch nicht oder nur mit hohem Aufwand für die tatsächlichen Zielstellungen.

Darüber hinaus gibt es aktuell keine oder wenig Tools, die in der Planung, Messung oder Auswertung unterstützen. Generell sollte man deshalb einen guten Überblick über das Thema haben, um Prototyping erfolgreich einzusetzen.

Fazit

Software-Prototypen ermöglichen eine Vielzahl von Möglichkeiten. Jedoch gelingt das in der Praxis nur, wenn Planung, Entwicklung, Tests und Auswertung eng verzahnt sind und konsequent durchlaufen werden.

Am Anfang sollte die Frage stehen WARUM? Nur mit einem guten Plan fällt es einem leicht, mit Hilfe von Prototyping die eigene Idee weiterzuentwickeln. Dazu ist es wichtig für die Phasen des Testens und des Auswertens genügend Zeit einzuplanen, wohingegen man in der eigentlichen Entwicklung eher kleine, schnell erreichbare Ziele stecken sollte.

Es gibt keinen goldenen Weg, mit dem ihr Prototyping erfolgreich nutzt. Es kommt vielmehr darauf an für die eigene Phase der Ideenumsetzung den richtigen Weg zu finden. Falls ihr einen Software-Prototypen entwickeln wollt, euch aber noch über das Vorgehen unsicher seid, sprecht uns gerne an. In einem kostenlosen Kennenlern-Termin sprechen wir mit euch über euer Vorhaben und geben euch gerne unsere Erfahrungen, Ideen und Tipps weiter.

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